Juni 2016

Alemannisches Gräberfeld

mit 118 Skeletten

in Wendlingen-Unterboihingen entdeckt.

Bericht und Photos: Wolfgang Graf vom 29. August 2016.

Bei den Vorarbeiten des Kampfmittelräumdienstes der ICE-Neubaustrecke Wendlingen-Ulm kamen erste Schwerter aus Gräbern ans Tageslicht.

Einen sensationellen Fund eines alemannischen Friedhofs nennt das Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart den Fund im Gewann "Äußere Taläcker" in Wendlingen-Unterboihingen.

Eine weitere Sensation nach den spannenden Römerfunden im Jahr 2015 auf der anderen Autobahnseite (A8) vom Jahr 2015 war perfekt. Ein alemannischer Friedhof an dieser Stelle und in diesem Ausmaß wurde nicht erwartet.

Was war das für eine "große Überraschung". Zitat von Frau Dr. Inga Kretschmer: "So einen Fund macht man nicht alle Tage, dieser Fund hat alle Erwartungen gesprengt."

Photo: Wolfgang Graf vom 12.07.2016

Am Oberkiefer rechts im Bild sind noch deutlich die gut erhaltenen Zähne zu erkennen.

Bei dieser Notgrabung legten die Archäologen aus der Merowinger-Zeit des 6. bis 7. Jahrhunderts nach Christus insgesamt 118 Grabgruben frei.

Teilansichten der Grabungsgruben von 118 Alemannischen Gräbern. Im Hintergrund die Autobahn A 8.

Direkt hinter der Autobahn A8, oder auch links von der Autobahnbrücke aus gesehen befand sich die letzte Ausgrabung vom Jahr 2015.

Siehe auch

Grabungen im Jahr 2015

Photos: Wolfgang Graf vom 08.08.2016

Photo: Wolfgang Graf vom 16.08.2016

Im Vordergrund ein Teilstück vom Grabungsgelände nach dem Sonnenuntergang, rechts die Autobahn A8 und im Hintergrund das Otto-Gebäude. Auf diesem abgebildeten Grabungsfeld erstreckt sich später die Baugrube für die Neubaustrecke.

Bei den überraschend gut erhalten gebliebenen 118 Gräbern waren auch Kindergräber darunter. In den Grabgruben befanden sich gut erhaltene Grabbeigaben wie Lang (Spatha) - und Kurzschwerter (Sax), sowie teilweise Äxte und Pfeilspitzen bei Männern.

In den Frauengräbern wurden bei den damals auch schon etwas reicheren Personen bunte Glasperlen, teilweise auch versilberte Scheibenfibeln mit stellenweise schönen und sehr gut erhaltenen Glaseinlagen, also Gewandnadeln die Umhänge und Kleider zusammen halten sollten gefunden.

In Männer und Frauengräbern fand man Knochenkämme, Gürtelschnallen aus Bronze und Eisen sowie Toilettenbesteck. Man fand insgesamt mehrere Tausend archäologische Fundstücke. Laut Dr. Inga Kretschmer sind die Funde für diese lange Zeit sehr gut erhalten geblieben.

Alle waren, wie damals in dieser Zeit üblich mit dem Kopf in Richtung Sonnenaufgang und in Reihen begraben worden. Die durchschnittliche Lebenserwartung betrug um das 7. Jahrhundert nach Chr. zwischen 35 und 45 Jahre. Ausnahmen, die etwas älter wurden gab es auch damals schon.

Photo: Wolfgang Graf vom 16.08.2016

Das bis zu zehnköpfige Grabungsteam stand wegen der Baustelle "Stuttgart 21" während der gesamten Grabung unter hohem Zeitdruck. Bei weiteren so genannten "Suchschnitten" an mehreren Stellen wurde auch noch ein bronzezeitlicher Graben entdeckt. Wenn man die gesamten Ausgrabungen betrachtet, so stellt man fest, dass hier jede Epoche vertreten war. Angefangen von der Jungsteinzeit, Eisenzeit, Bronzezeit, Römerzeit bis ins Frühmittelalter war in Wendlingen - Unterboihingen alles vertreten.

Es war bereits Ende August 2016 und die Ausgrabungen wurden für beendet erklärt. Das Grabungsteam um Frau Dr. Inga Kretschmer hatte alles herausgeholt, vermessen, fotografisch dokumentiert und beschriftet. Des weiteren werden die Funde nun restauriert und wissenschaftlich ausgewertet.

Danke für Ihr Interesse!

Wolfgang Graf am 29. August 2016

Info!

Wer weiteres Interesse an diesem Thema zeigt, dem empfehle ich den folgenden Artikel über die Merowinger Gräber in Dettingen/Teck aus dem 6. bis 7. Jahrhundert nach Christus.

Merowinger Gräber  in  Dettingen/Teck

Karl Oesterle, den 28. Oktober 2007

Bericht: Karl Oesterle. Photos: Wolfgang Graf

Archäologische Grabungsstelle: Merowinger-Gräber aus dem 6. bis 7. Jahrhundert nach Christus auf dem Berger - Areal in Dettingen/Teck. Im Hintergrund kann man die Burg Teck erkennen.

Im Jahre 2005 habe ich (Karl Oesterle) mit meiner Winkelrute diverse Gräber erfasst und in einem Lageplan 1:2500 vermerkt. Eine Fertigung dieses Planes ging 2006 an die Stadtverwaltung Kirchheim / Teck, als unterste Denkmalschutz - Behörde. Ergänzend dazu habe ich das Landratsamt Esslingen im August 2006 informiert.

Für einen  Winkelrutengänger ist die fortwährende Überprüfung der eigenen Trefferquote von grundsätzlicher Bedeutung. Eine willkommenen Gelegenheit ergab sich nun bei dieser Grabung in Dettingen-Teck. Ein Monat vor Grabungsbeginn habe ich, Anfang Mai 2007, zwei Gräber als Musterfälle geortet und eingemessen. Infolge der Kies- Asphalt und Betonüberdeckung waren die Gräber nicht erkennbar. Während der folgenden Ausgrabungen unter der Leitung der amtlichen Denkmalpflege, konnte ich diese beiden Merowingergräber dann im Juni und Juli nach deren Freilegung nachmessen.

Da ich (Karl Oesterle) bei dieser Ausgrabung mit gegraben habe, war ich vom 8. Mai bis zum 19. Oktober ständig dabei. Stellvertretender Grabungsleiter Andrzej Szymanski nahm die Gelegenheit war und beauftragte mich hin und wieder mit weiteren Oberflächensondierungen, so auch zum Absuchen der Randzonen des Grabungsgebiets, vor dem Einsatz der Bagger. Zuweilen waren noch zwei weitere Rutengänger tätig.

Beispiele von tausenden, sehr gut erhaltener Fundstücke.

Es zeigte sich, dass auch bei laufenden Grabungsmaßnahmen größeren Umfangs mit dieser Rutensondierung eine Auswahl unter den einzelnen Grabungsfeldern getroffen werden kann, wenn ein Zeit- und Grabungsplan mit unterschiedlichen Dringlichkeitsstufen einzuhalten ist.

Dieser "Testlauf" in Dettingen bewies erneut, dass die Winkelrutensondierung ein

taugliches Verfahren ist.

Beim Graben der inzwischen abgeschlossenen Fundstelle in Dettingen/Teck

Karl Oesterle bei der Mitarbeit vom Aufspüren der über 60 Gräber.

Beispielfunde von Dettingen Teck bei Kriegern wie:

Hiebschwerter, Langschwerter, Pfeilspitzen usw.

Bei Frauen: Gefäße, Schalen, metallene Fibeln, Tigramuscheln, Knochenkämme, Halsketten, Schuhschnallen usw.

Info:  In deutlich lesbarer Version .pdf  hier klicken.

Beispiel von verschiedenen Zeitungsartikeln in Tageszeitungen wie Stuttgarter Zeitung Nr. 177 August 2007, der Teckbote usw.

Karl Oesterle, den 28. Oktober 2007

Danke für Ihr Interesse!

Photos copyright by Wolfgang Graf