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Die römische
Badeanlage als Modellrekonstruktion im Stadtmuseum in
Wendlingen am Neckar. |
Schon seit
1835 ist bekannt, dass in der Flur "Steigäcker" ein römischer Gutshof liegt.
Als vor einigen Jahren beim Pflügen wiederum Steine zu Tage kamen, unternahm
Oberstudienrat a. D. O. Lau , Kirchheim/Teck eine Probegrabung und fand eine Hypokaustenanlage (Heizungsanlage).
Das
staatliche Amt für Bodendenkmalpflege veranlasste daraufhin eine systematische
Grabung. In fast vierwöchiger Grabungsarbeit konnte dann auf den Parzellen 1486
und 1487 eine umfangreiche Badeanlage freigelegt werden. Mit den Ausmaßen von 22
auf 13,25 m ist es eines der größten selbstständigen römischen Bäder im Bereich
eines Gutshofes in unserem Lande.
Texteinfügung:
Nach einem Hinweis vom 17.02.2014 von
Dr. Jochen Hintz mit neuesten Kenntnissen, besonders auch von der
Villa Rustica in Hechingen
siehe Link
www.villa-rustica.de
wird (sollte) der nicht mehr
ganz zeitgemäße Text von Dr.
Hartwig
Zürn vor 50 Jahren, von, eines der größten
selbstständigen römischen Villenbäder
in
unserem Lande, in eines der
großen römischen Villenbäder abgeändert
werden. Für diesen wichtigen Hinweis möchten wir ein ganz herzliches
Dankschön an Dr. Jochen Hintz aussprechen. Für solche Hinweise sind
wir immer sehr dankbar.
Texteinfügung beendet.
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Modellansicht: Die
ausgegrabenen Grundmauern unter dem Ackerboden. |
Interessant
war es , festzustellen, dass diese Badeanlage in drei aufeinander erfolgenden
Phasen erstellt worden ist.
Zur ersten gehört das Hauptgebäude
A, das
Warmwasserbad B, das vom Heizraum
C aus erwärmt wurde, der Warmluftraum
D,
dessen Heizstelle außerhalb des Hauses lag, das Kaltwasserbad
E und der kleine
Anbau F.
In der zweiten Phase wurde der hypokaustierte Anbau
G dem Gebäude
angefügt, der ebenfalls von außen beheizt wurde.
Dieser Anbau wurde dann in
einer dritten Phase als Heizraum für den Raum D benützt. (Siehe
folgender Plan)
Die Nutzung der
Räume.
Grundriss vom römischen Bad in Wendlingen am Neckar. |
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A - Auskleideraum
B - Hypokaustiertes (beheiztes) Warmwasserbad mit Heizkanal.
C - Heizraum
D -
Warmluftraum
E 1 -
Kaltwasserbad mit Badebecken E 2
Die Bedeutung
der Räume F 1 und
F 2 ist nicht ganz klar, einer könnte eventuell als Abort
gedient haben.
Der Raum G,
zu einem späteren Zeitpunkt an das Hauptgebäude angefügt, könnte als separater
Warmluft- und Aufenthaltsraum gedient haben.
Eine
besondere Merkwürdigkeit ist, dass in einer späteren Zeit die Ruine des Bades
als Bestattungsplatz benützt wurde. Es fanden sich zehn Skelettbestattungen ohne
Beigaben. Dem
archäologischen Befund nach sind diese Bestattungen in die spätmerowingische
Zeit einzuordnen. Eine eingehende Untersuchung und wissenschaftliche Auswertung
dieser Skelettfunde erfolgte dann im Institut für Anthropologie und Humangenetik
der Universität Tübingen. (Direktor: Dr. Dr. W. Gieseler) Das Ergebnis
ist auch in Band 1 der Fundberichte enthalten. Norman Creel berichtet darin:
Die Skelette
von Wendlingen am Neckar zeigten folgende Altersverteilung: 1. Jugendlicher ca. 17 -
19 Jahre, wahrscheinlich weiblich. 4 Erwachsene,
zwischen 20 und 40 Jahren, davon 3 Männer und eine Frau. 3 ältere Erwachsene
bzw. Greise, mehr als 40 Jahre, davon ein Mann und 2 Frauen. Hinzu kommt ein
Mann, der sicher erwachsen war, dessen Alter jedoch nicht genauer bestimmt
werden konnte.
Zwei Schädel
zeigten klaffende Verletzungen, die vom Gebrauch scharfer Hiebwaffen herrührten.
In beiden Fällen sind die Verletzungen so schwerwiegend, dass sie den
unmittelbaren Tod zur Folge gehabt haben müssen. Außerdem zeigte eines dieser
beiden Skelette einen Oberschenkelbruch, der zwar verheilt war, aber dadurch
blieb der Oberschenkel um mindestens zwei Zentimeter verkürzt, so dass dieser
junge, unverkennbar muskulöse und überdurchschnittlich große Mann (24 - 30
Jahre) infolge des verkürzten rechten Beines auffallend gehinkt haben muss.
Wenn auch
keine genaue Datierung der Skelettfunde möglich ist, so ist doch
an einer Zuordnung zu den so genannten Reihengräberleuten nicht zu zweifeln. Es
waren also Angehörige der Germanen der Völkerwanderungszeit oder
deren unmittelbaren mittelalterlichen Nachkommen.
Eine klare
Abgrenzung ist hier nicht möglich, denn es ist nicht bekannt, wie lange die
Reihengräberleute ihre charakteristischen Merkmale bewahrt haben. Bekannt ist
nur, durch vergleichen zahlreicher Fund belegt, dass im Verlauf des Mittelalters
eine deutliche Tendenz zur Verringerung der Körpergröße und zur Verbreiterung
und Verkürzung der Hirnschädelform festzustellen ist.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Skelette von
Wendlingen am Neckar
aller Wahrscheinlichkeit nach eine lokale oder sozial bedingte Variante der
Reihengräberbevölkerung oder deren unmittelbaren Nachfahren aus dem frühen
Mittelalter sind.

Folgender
Text und Bildbearbeitung:
Wolfgang Graf