Das frühere Römische Bad

in Wendlingen am Neckar

Modell-Webbearbeitung: Wolfgang Graf

Standort vom früheren Römerbad?

Wendlingen am Neckar (im Gewand Steigäcker) in Baden Württemberg im Landkreis Esslingen.

Die Ausgrabungen fanden zwischen dem 19. Oktober und dem 14. November 1961 statt.

Bildquellen: Roland Durst, Winfried Durst und Otto Grübel.

Wissenswertes über das römische Bad in Wendlingen am Neckar

Bilderbearbeitung: Wolfgang Graf

Der folgende Bericht wurde von Dr. Hartwig Zürn verfasst.

 

Die römische Badeanlage als Modellrekonstruktion im Stadtmuseum in Wendlingen am Neckar.

Schon seit 1835 ist bekannt, dass in der Flur "Steigäcker" ein römischer Gutshof liegt. Als vor einigen Jahren beim Pflügen wiederum Steine zu Tage kamen, unternahm Oberstudienrat a. D. O. Lau , Kirchheim/Teck eine Probegrabung und fand eine Hypokaustenanlage (Heizungsanlage).

Das staatliche Amt für Bodendenkmalpflege veranlasste daraufhin eine systematische Grabung. In fast vierwöchiger Grabungsarbeit konnte dann auf den Parzellen 1486 und 1487 eine umfangreiche Badeanlage freigelegt werden. Mit den Ausmaßen von 22 auf 13,25 m ist es eines der größten selbstständigen römischen Bäder im Bereich eines Gutshofes in unserem Lande.

Texteinfügung: Nach einem Hinweis vom 17.02.2014 von Dr. Jochen Hintz mit neuesten Kenntnissen, besonders auch von der Villa Rustica in Hechingen

siehe Link www.villa-rustica.de

wird (sollte) der nicht mehr ganz zeitgemäße Text von Dr. Hartwig Zürn vor 50 Jahren, von, eines der größten selbstständigen römischen Villenbäder in unserem Lande, in eines der großen römischen Villenbäder abgeändert werden. Für diesen wichtigen Hinweis möchten wir ein ganz herzliches Dankschön an Dr. Jochen Hintz aussprechen. Für solche Hinweise sind wir immer sehr dankbar. Texteinfügung beendet.

Modellansicht: Die ausgegrabenen Grundmauern unter dem Ackerboden.

Interessant war es , festzustellen, dass diese Badeanlage in drei aufeinander erfolgenden Phasen erstellt worden ist.

Zur ersten gehört das Hauptgebäude A, das Warmwasserbad B, das vom Heizraum C aus erwärmt wurde, der Warmluftraum D, dessen Heizstelle außerhalb des Hauses lag, das Kaltwasserbad E und der kleine Anbau F.

In der zweiten Phase wurde der hypokaustierte Anbau G dem Gebäude angefügt, der ebenfalls von außen beheizt wurde.

Dieser Anbau wurde dann in einer dritten Phase als Heizraum für den Raum D benützt. (Siehe folgender Plan)

Die Nutzung der Räume.

Grundriss vom römischen Bad in Wendlingen am Neckar.

A - Auskleideraum

B - Hypokaustiertes (beheiztes) Warmwasserbad mit Heizkanal.

C - Heizraum

D - Warmluftraum

E 1 - Kaltwasserbad mit Badebecken E 2

Die Bedeutung der Räume F 1 und F 2 ist nicht ganz klar, einer könnte eventuell als Abort gedient haben.

Der Raum G, zu einem späteren Zeitpunkt an das Hauptgebäude angefügt, könnte als separater Warmluft- und Aufenthaltsraum gedient haben.

Eine besondere Merkwürdigkeit ist, dass in einer späteren Zeit die Ruine des Bades als Bestattungsplatz benützt wurde. Es fanden sich zehn Skelettbestattungen ohne Beigaben. Dem archäologischen Befund nach sind diese Bestattungen in die spätmerowingische Zeit einzuordnen. Eine eingehende Untersuchung und wissenschaftliche Auswertung dieser Skelettfunde erfolgte dann im Institut für Anthropologie und Humangenetik der Universität Tübingen. (Direktor: Dr. Dr. W. Gieseler) Das Ergebnis ist auch in Band 1 der Fundberichte enthalten. Norman Creel berichtet darin:

Die Skelette von Wendlingen am Neckar zeigten folgende Altersverteilung: 1. Jugendlicher ca. 17 - 19  Jahre, wahrscheinlich weiblich. 4 Erwachsene, zwischen 20 und 40 Jahren, davon 3 Männer und eine Frau. 3 ältere Erwachsene bzw. Greise, mehr als 40 Jahre, davon ein Mann und 2 Frauen. Hinzu kommt ein Mann, der sicher erwachsen war, dessen Alter jedoch nicht genauer bestimmt werden konnte.

Zwei Schädel zeigten klaffende Verletzungen, die vom Gebrauch scharfer Hiebwaffen herrührten. In beiden Fällen sind die Verletzungen so schwerwiegend, dass sie den unmittelbaren Tod zur Folge gehabt haben müssen. Außerdem zeigte eines dieser beiden Skelette einen Oberschenkelbruch, der zwar verheilt war, aber dadurch blieb der Oberschenkel um mindestens zwei Zentimeter verkürzt, so dass dieser junge, unverkennbar muskulöse und überdurchschnittlich große Mann (24 - 30 Jahre) infolge des verkürzten rechten Beines auffallend gehinkt haben muss.

Wenn auch keine genaue Datierung der Skelettfunde möglich ist, so ist doch an einer Zuordnung zu den so genannten Reihengräberleuten nicht zu zweifeln. Es waren also Angehörige der Germanen der Völkerwanderungszeit oder deren unmittelbaren mittelalterlichen Nachkommen.

Eine klare Abgrenzung ist hier nicht möglich, denn es ist nicht bekannt, wie lange die Reihengräberleute ihre charakteristischen Merkmale bewahrt haben. Bekannt ist nur, durch vergleichen zahlreicher Fund belegt, dass im Verlauf des Mittelalters eine deutliche Tendenz zur Verringerung der Körpergröße und zur Verbreiterung und Verkürzung der Hirnschädelform festzustellen ist.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Skelette von Wendlingen am Neckar aller Wahrscheinlichkeit nach eine lokale oder sozial bedingte Variante der Reihengräberbevölkerung oder deren unmittelbaren Nachfahren aus dem frühen Mittelalter sind.

Folgender Text und Bildbearbeitung: Wolfgang Graf

 

Im Bild unten kann man den Ofen für die Fußbodenheizung erkennen. Gleich rechts daneben lagerte das Holz für die Verbrennung.

In der Mitte des Bildes im Schnitt, erkennt man ca. 55 cm hohe Pfeiler unter dem Fußboden. Zwischen den Sandsteinpfeilern strömte die aufgeheizte Warmluft, um den Boden angenehm zu erwärmen.

Bildbearbeitung, Text: Wolfgang Graf

Die Grundstückseigentümer zeigten sich auch schon während der Grabungen 1961 sehr entgegenkommend. Es kamen dabei außergewöhnliche Funde an das Tageslicht.

Das Römerbad in Wendlingen am Neckar lockte trotz des schlechten Wetters zahlreiche Interessenten aus der näheren und weiteren Umgebung an.
Hypokaustanlage

Auf der alten Schwarzweißaufnahme von 1961 kann man deutlich die ca. 55 cm hohen Sandsteinpfeiler der Fußbodenheizung erkennen. Auf den Pfeilern lagen die massiven Fußbodenplatten.

Draufsicht Hypokaustanlage (Fußboden- und hohle Kacheln Wandheizung)

Beheizt wurde die Beckenwand über hohle Kacheln, dadurch konnte die Wärme der Fußbodenheizung auch seitlich nach oben durch die Wände strömen.

Die Römer waren auch im Leitungs- und Brunnenbau sehr erfahren. Eine Frage taucht deshalb immer wieder auf, woher nahmen die Römer das Wasser? Woher das Wasser letztendlich kam, ist bis heute noch ungeklärt.

Römerbadmodell - Seitenansicht

Blick in den Heizraum der Fußbodenheizung, der Wandheizung und den Wandmalereien.

Es wurden auch verschiedene Keramik- und Eisenfunde ausgegraben. Besonders auffallend waren Reste von Fensterglas und bemalte Wandstücke.

Bis zuletzt konnten leider nicht die benötigten finanziellen Mittel für die Erhaltung der ausgegrabenen Badeanlage zusammen gebracht werden. Viele Bürger waren verwundert und enttäuscht darüber, dass die gesamte römische Badeanlage wieder mit der abgetragenen Ackererde aufgefüllt werden sollte. Am 12. Dezember 1961 wurde dann wieder alles vorsichtig und fachmännisch aufgefüllt. Bis heute sieht es wieder wie ein normales unauffälliges Flurstück unter vielen aus. Nichts ist von der Pracht des ehemaligen Römerbades in Wendlingen am Neckar mehr zu erkennen.

Weitere Informationen und Funde aus den Grabungen bietet das Stadtmuseum in Wendlingen am Neckar in der Kirchstraße 4.

Stadtmuseum Wendlingen am Neckar

Lageplan der römischen Badeanlage

in Wendlingen am Neckar

Vermessen mit dem Maßband und Planerstellung am  29. April 2005 - Roland Durst.

Einmessung des Mauerverlaufes

Planerstellung mit dem Mauerverlauf und der Fundstelle: Roland Durst.

Mit einem Maßband wurde von Roland Durst der Abstand vom Feldweg 1482, Mauer zu Markstein 1478 / 79, mit 30 Meter festgestellt.

Vielen Dank für Ihr Interesse!